2019 - Prof. Dr. Jörg Sennheiser
2019 - der Freundeskreis Garbsen ehrte Professor Dr. Jörg Sennheiser mit dem Ehrenring.
Freundeskreis Garbsen verleiht Ehrenring an Professor Dr. Jörg Sennheiser
Kurz zur Vita von Herrn Prof. Sennheiser:
Geboren 1944 in Bad Beversen, studierte Jörg Sennheiser ab 1964 zunächst an der Universität Hannover, dann an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich Elektrotechnik. Daran anschließend war er ab 1970 als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Assistent am Institut für Fernmeldetechnik der ETHZ tätig, wo er 1973 zum Dr. sc. techn. (scientiarum technicarum - Doktor der technischen Wissenschaften) promovierte. Nach seiner Promotion begann Jörg Sennheiser seine berufliche Karriere zunächst bei der Firma Siemens-Albis in Zürich.
Bereits im Jahr 1976 entschied sich der damals 32-jährige aber doch, als Technischer Leiter in das von seinem Vater Prof. Dr. Fritz Sennheiser gegründete Familienunternehmen in der Wedemark (in Wennebostel) einzusteigen. Seine Hauptmotivation war es wohl, stärker gestaltend aktiv sein zu können. Und das konnte er dann auch. Bereits nach sechs Jahren, also im Jahr 1982 übernahm er die Gesamtverantwortung für das Unternehmen. Und so konnte er gestalten sowie Strategien entwickeln und umsetzen.
Zu den frühesten und wohl auch wichtigsten gestalterischen Maßnahmen gehörte sicher der Umbau des Unternehmens von einer funktionsorientierten und am Produkt ausgerichteten Organisation hin zu einer starken Kundenorientierung.
Aus meiner persönlichen Sicht ist eine solche Ausrichtung gerade für ein Unternehmen wie Sennheiser heute mehr denn je relevant, denn es gilt, die Kunden und ihre Bedürfnisse frühzeitig zu erkennen und die Produkt- und Prozessentwicklung daran auszurichten. Schaut man sich beispielsweise die heutigen Künstler und ihre Shows ab (wie z.B. Pink im Sommer in der HDI-Arena), so mag man eine Ahnung davon bekommen, wie sich deren Anforderungen an die Audiotechnik und damit die Anforderungen an die kooperierenden Unternehmen verändern.
Trotz aller Kundenorientierung und auch Innovationsfreudigkeit galt bei Jörg Sennheiser immer die Maxime: „Wir müssen das Geld verdienen, das wir ausgeben“. Er wollte nicht abhängig sein von Banken oder anderen Investoren. Er wollte nicht das Schicksal der Konkurrenz erleiden, die nach meinem Kenntnisstand allesamt (sicher aber zumindest überwiegend) nicht mehr selbstständig sind. Dies ist ihm gelungen.
Diese genannte Maxime war wohl sicher einer der Gründe, warum Jörg Sennheiser schon früh eine strategische Planung im Unternehmen einführte und er das Finanzwesen professionalisierte. Beides zentrale Voraussetzungen für die wohl folgenreichste und auch erfolgreichste Entscheidung, nämlich der Eintritt in die Internationalisierung mit dem Aufbau von Vertriebsgesellschaften. Angefangen hat es mit Sennheiser Frankreich, heute sind es insgesamt 19 Vertriebsgesellschaften.
Solche Umbauten sind sicher immer auch Wagnisse. Aber Jörg Sennheiser wusste, dass die Veränderungen auch Chancen beinhalteten und dass es ein deutlich größeres Risiko gewesen wäre, keine Wagnisse einzugehen.
In diese Logik passt auch die Akquisition des Traditionsunternehmens Neumann aus Berlin, ein Hersteller von Studiomikrophonen. Dieses Unternehmen gehört seit 1991 zur Sennheiser-Firmengruppe. Im selben Jahr wurde auch im irischen Tullamore das erste (von heute 2) Auslandswerken eröffnet, seit dem Jahr 2000 gibt es einen weiteren Standort in Albuquerque (New Mexico).
Ich könnte jetzt noch sehr viel über das Unternehmen Sennheiser und auch seine Produkte berichten. Aber es geht heute ja nicht um das Unternehmen, sondern um die Person Jörg Sennheiser.
Wie sein Sohn Andreas mir bestätigte, hat Jörg Sennheiser alle genannten und hier auch nicht genannten Veränderungen behutsam und mit der notwendigen Weitsicht umgesetzt. Es war ihm bewusst, dass er eine Organisation bei allen Geschwindigkeitsanforderungen mit den Veränderungen nicht überfordern darf. Dabei kam ihm sicher sehr zugute, dass er sich
- durch ein sehr geduldiges Wesen auszeichnet,
- dass für ihn die Menschen (und eben auch alle Mitarbeiter) im Vordergrund stehen, dass er sie wahrlich wertschätzt
- dass er ist unhierarchisch und nahbar ist
- und dass er mit diesen Eigenschaften auch kulturstiftend für das gesamte Unternehmen war.
(Eine kleine Anekdote am Rande: Ich war vor ca. 2 Jahren im Unternehmen. An dem Tag war auch Jörg Sennheiser, der ja seinen Wohnsitz inzwischen in der Schweiz hat, zugegen. Ich sah ihn in der Kantine. Was mich sehr beeindruckt hat: Er saß nicht mit der Unternehmensleitung, seinen Söhnen oder den Abteilungsleitern zusammen, sondern ganz offensichtlich mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (mit Werkern) aus der Montage. Und es machte den (aus meines Wahrnehmung sehr sympathischen) Anschein, dass es Gespräche auf Augenhöhe waren. Ohne wahrnehmbare Distanz … Ich war tatsächlich sehr beeindruckt)
Jörg Sennheiser ist im Übrigen auch ein ausgezeichneter Netzwerker auf der ‚High-Level-Ebene‘. Er hat persönlich – und zum nachhaltigen Vorteil des Unternehmens – belastbare Beziehungen zu den wichtigsten Kunden aufgebaut, so z.B. zum Broadway, zu Disney, zum ZDF und zu vielen anderen.
Jörg Sennheiser ist bzw. war aber nicht nur Unternehmer, sondern auch Ingenieur. Mit Leib und Seele. Ist doch die Deutsche Ingenieurskunst ist das Herzstück jedes Produkts, dass das Unternehmen Sennheiser in den letzten 70 Jahren entwickelt hat. Und es sind aus meiner Sicht wahrlich beeindruckende Produkte, die in der Schaffenszeit von Prof. Jörg Sennheiser entwickelt wurden. Auch danach. Aber das ist ja nicht Gegenstand meiner heutigen Laudatio.
Eine der wesentlichen Herausforderungen bestand und besteht darin, dass die Ingenieure kreativ sind auch verrückte Ideen denken. Aber: Die Controller setzen den Ingenieuren Grenzen. Denn letztlich muss das Unternehmen nicht nur innovativ, sondern auch wirtschaftlich erfolgreich sein. Es ist eine Gratwanderung, die das Haus Sennheiser – soweit ich es beurteilen kann - sehr gut gemeistert hat.
Lieber Herr Sennheiser, es gab meines Wissens auch einzelne Ideen, die zu ihrer Zeit aus wirtschaftlichen oder wohl vorzugsweise marktseitigen Gründen wieder eingestellt wurden. Und man hat dann Jahre später feststellen müssen, dass man einfach der Zeit voraus war. Solche Nackenschläge gehören sicher zu einem erfolgreichen, an der Spitze der Branche stehenden Unternehmen wohl fast zwangsläufig hinzu. Und sie waren wohl die Ausnahme.
Jörg Sennheiser hat – weil ihm die Ingenieurskunst wichtig war - immer auch den Bezug zur Wissenschaft gehalten. So hat er bereits 1981 einen Lehrauftrag für die Vorlesungen „Elektroakustik I+II“ an der Universität Hannover angenommen. Und er war meines Wissens auch bei der Fraunhofer-Gesellschaft aktiv (allerdings konnte ich diese Aussage bei meinen Internetrecherchen nicht verifizieren …). Getrieben hat in seine Neugierde und die permanente Suche nach neuen Anregungen und Impulsen.
Einen Aspekt möchte ich noch erwähnen, der mir persönlich sehr wichtig ist: Das Unternehmen Sennheiser war und ist zwar durch die von Jörg Sennheiser initiierten Veränderungen sehr gut aufgestellt. Gleichwohl muss sich das Unternehmen permanent der Konkurrenz aus dem asiatischen Raum, vor allem aus Japan, stellen. Schwierigkeiten insbesondere durch den Preisdruck bleiben dabei nicht aus. Aber das Unternehmen Sennheiser ist nicht den vermeintlich leichten Weg der Produktionsverlagerung gegangen. Die Gründung der Auslandswerke diente eher dazu, den Hauptstandort in der Wedemark zu stärken und zu sichern. Jörg Sennheiser hat sich immer explizit zur Region bekannt. Wer heute den Firmensitz besucht oder dort auch nur vorbeifährt, kann dieses Bekenntnis quasi greifen, denn in den letzten Jahren wurden auf dem Firmengelände eine Reihe neuer (wahrlich sehr attraktiver) Gebäude erstellt.
Für sein Wirken hat Jörg Sennheiser in den letzten Jahren eine ganze Reihe sehr prominenter Auszeichnungen erhalten:
2006: Companion des Liverpool Institute for Performing Arts
2009: Achter Ehrensenator der Hochschule für Musik und Theater Hannover
2009: Karmarsch-Denkmünze der Leibniz Universitätsgesellschaft Hannover e. V.
2014: Preis als „Unternehmer des Jahres 2014“ durch den Verbände „Die Familienunternehmer“ und „Die Jungen Unternehmer“
2015: Deutscher Gründerpreis in der Kategorie Lebenswerk
(gemeinsam vom Magazin Stern, den Sparkassen, dem ZDF und der Firma Porsche ausgelobt)
Mit einem kleinen Augenzwinkern: da kann es nur noch eine Steigerung geben, nämlich die Verleihung des Ehrenringes der Stadt Garbsen!
Lieber Herr Sennheiser, es freut mich sehr, dass Sie diesen Preis erhalten und dass ich die Ehre hatte, anlässlich der Preisverleihung eine kleine Laudatio auf Sie zu halten.
(Laudation von Prof. Dr. Volker Epping)